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Schwacke Newcomer November 2020 – Neue Modelle im Forecast

Andreas Geilenbrügge | 25 Nov 2020

Über den Autor

Andreas Geilenbrügge

Regional Head of Valuations Germany, Nordics & UK

Seit November 2013 ist Andreas Geilenbrügge bei Schwacke. Zunächst als Key Account Manager für Hersteller und Importeure, seit 2016 verantwortlich für Insights und ab Mitte 2018 gesamtverantwortlich für den Bereich Restwerte & Insights. Vor Schwacke liegen 9 Jahre Erfahrung im Flottenvertrieb von Importeuren und ein abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium. Des Weiteren schreibt Andreas Geilenbrügge für Autovista24.

Schwacke Newcomer November 2020 - Neue Modelle im Forecast Skoda Wnyaq Founders Edition

Nützlich und schön – Nicht ohne meinen Stromer

Im November haben wir wieder Restwertprognosen für interessante Fahrzeugneuerscheinungen in unsere Datenbank aufgenommen:

• LEVC TX
• Mercedes-Benz S-Klasse
• Opel Mokka
• VW Caddy
• Škoda Enyaq & VW ID.4

LEVC TX – London calling

Der chinesische Geely-Konzern ist hierzulande bei automobilen Laien nicht vielen bekannt. Das ändert sich aber nach und nach. Die Herangehensweise, bekannte europäische Marken wie Volvo, Lotus oder den bankrotten britischen Taxibauer LTI aufzukaufen und neue Marken wie Polestar oder Lynk & Co zu etablieren, zeigt wie ambitioniert der Konzern aus der 9-Millionen-Metropole Hangzhou ist. Und spätestens seit dem medienwirksamen Ein- und Aufstieg zum größten Einzelaktionär der Daimler AG dürfte klar sein, dass die Zeiten von China-exklusiven Plagiaten aus dem Land des Lächelns vorbei sind. Längst kommt viel Hochtechnologie zum Einsatz und macht auch hier aus der etwas angestaubten Droschken-Schmiede „London Taxi International“ die „London Electric Vehicle Company“. Die charmante einzigartige Form bleibt beim TX erhalten, aber darunter werkt nun – nicht zuletzt wegen der Fahrverbote in Britanniens Hauptstadt – ein E-Motor mit Range-Extender. Auch das Lenkrad kommt aktuellen Volvo-Fahrern verdächtig bekannt vor. Seine Herkunft kann die als „Shuttle“ bezeichnete Version mit insgesamt sechs Passagiersitzen aber dennoch nicht verleugnen. Ein Kleintransporter auf gleicher Basis ist ebenfalls im Anmarsch. Lässt man das charmante, ein bisschen retro anmutende, ungewöhnliche Konzept mal außen vor, bleibt ein robustes aber eben auch sehr spezielles zweckorientiertes Fahrzeug mit modernem Antrieb und – sagen wir – robuste Interieur. Für die Passagiere der hinteren Sitzreihe ist bei hochgeklappten gegenläufigen Jump-Seats der Fußraum enorm und die Sitze über die gegenläufig öffnenden Türen sehr gut zu erreichen. Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass hinter den Passagieren kein Gepäckabteil mehr stört, aber dann neben dem Fahrer Platz finden muss. So erschließt sich einem die höchst ungewöhnliche Ausstattungsoption „Sonnenblende für Kofferraum“. Hinter der Heckklappe verbirgt sich lediglich das Reserverad und minimaler Stauraum. Auch sonst setzt sich das ungewöhnliche Konzept in viel Hartplastik und Ausstattungsdetails fort. Beispielsweise sind einige Innenraumelemente und Griffe zwecks schnellen Findens in „Signalfalbe“ gelb, oder gar deren Beschriftung in Blindenschrift und es gibt eine Trennscheibe mit Gegensprechanlage. Für private Zwecke ist das Konzept weniger praktikabel. So wird die Zielgruppe sich neu wie gebraucht vor allem aus Anwendern mit häufigem Kurzstrecken-Personentransport speisen und nur in Ausnahmefällen absolute Fans im Alltag überzeugen. Taxler, Vereine, Fahrdienste oder Ride-Sharing-Anbieter kommen einem da spontan in den Sinn und honorieren sicher z.B. auch die werkseitig lieferbaren Rollstuhlhilfen. Größtes Manko dürfte für viele aber der Neupreis sein. Brutto mindestens etwas über 70.000€ sind eine Ansage. Zwar hat es der TX so gerade noch in die BAFA-Liste der förderfähigen Elektro-Fahrzeuge geschafft, aber das Niveau liegt gleichauf mit dem Einstiegspreis des deutlich größeren und anspruchsvolleren Mercedes EQV. Auch die relativ begrenzte Batteriegarantie von 5 Jahren statt der bei E-Fahrzeugen häufigen 8 ist weniger überzeugend. Unbezahlbar bleibt aber der Charme und
Werbewert des „Hinguckers“ und wird zusammen mit den vielen cleveren Details sicher manchen für sich einnehmen.

Mercedes-Benz S-Klasse – Krone der Schöpfung

Auch die neue Baureihe W223 der „Sonder-Klasse“ trifft das gleiche Schicksal wie seine 10 Vorgänger. Sie trägt einen beinahe dynastischen Namen und muss die daran geknüpften maximalen Erwartungen erfüllen. Auf den ersten Blick ist das voll gelungen, die Verarbeitungsqualität ist über jeden Zweifel erhaben und sogar der cw-Wert liegt auf einem beeindruckenden Bestwert-Niveau, gleichauf mit dem Porsche Taycan bei 0,22. Technisch gesehen bietet die S-Klasse traditionell – zumindest optional – alles, was bei vielen anderen erst in den kommenden Generationen und später in anderen Segmenten Einzug halten wird. Vieles davon – wie die ausgeklügelten Augmented Reality Funktionen – findet mittlerweile digital statt und der Luxus hat insgesamt seinen Preis. Die Basis-Version ist ca. 6% teurer geworden und rückt damit nahe an die sechsstellige Preisschallgrenze heran. Angemessen ausgestattet liegt sie in der Regel sowieso weit darüber. Wer drei Jahre warten kann, muss nur noch knapp die Hälfte zur Anschaffung davon einplanen, was einem Wertverlust im Gegenwert einer kleinen Eigentumswohnung entspricht. Man ist dann eben auch nicht mehr unter den normalerweise ca. 8.000 stolzen Erstbesitzern, die die Stuttgarter üblicherweise im ersten Jahr nach Modelleinführung in Deutschland beliefern. Bei aller Begeisterung für die exzellent ausgestatteten S 500 Vorführwagen, die man derzeit überall in den Medien sieht, darf man aber nicht vergessen, dass der Großteil der Käufer sich bei den „kleinen“ 286PS-Dieseln bedient und längst nicht die ganze 63-seitige Preisliste abarbeitet. Die S-Klasse ist dennoch wieder ein kleines Meisterstück geworden, das uns relativ selten in der Marktbeobachtung begegnen wird. Häufiger aber vermutlich immer noch als dem zukünftig vollelektrischen und futuristischen Bruder EQS. Also auch in diesem recht konservativen Segment ist viel Bewegung.

Opel Mokka – Kein X mehr für ein E vorgemacht

Seit die neue französische Mutter PSA Opel und Vauxhall übernommen hat, ist entwicklungs- und design-technisch eine Menge passiert in Rüsselsheim. Der Mokka – jetzt wieder ohne ‚X‘ – schlägt dabei ein neues Kapitel in puncto Optik auf. Waren sein(e) Vorgänger eher klassisch gezeichnete Kompakt-SUV ist der neue ein dynamisch moderner, extrovertierter Crossover, der vor allem mit der „Vizor“-Optik an der Frontpartie auffällt. Den älteren oder historisch interessierten Opel-Beobachtern kommt unweigerlich der 70er-Jahre Look des Manta A in den Sinn – und das muss kein Manko sein! Zukünftig ist das die Designsprache der Marke wie man am kürzlich renovierten Crossland – jetzt ebenfalls ohne ‚X‘ – erkennen kann. Kleiner Wermutstropfen: Mit Astra und Corsa/Insignia stehen damit nun 3 Exterieur-Generationen als Neuwagen in den Showrooms des Handels und sorgen insbesondere beim erst Ende 2021 zu ersetzenden Volumenmodell Astra für ein zunehmend angegrautes Äußeres. Der neue Mokka jedenfalls ist ein gut ausgestatteter frischer Beitrag zum B-SUV Segment. Viele Optionen gibt es aber nicht mehr. Das meiste wird über die Auswahl von Ausstattungslinien abgedeckt und kann durch Pakete ergänzt werden. Wie seine französischen Plattformbrüder ergibt sich hier nun auch die Möglichkeit, einen vollelektrischen Antriebsstrang anzubieten, dafür ist das Angebot von Dieselmotoren auf einen geschrumpft. Die PSA-Zugehörigkeit merkt man ohnehin besonders an den Motoren. Die Emissionswerte der Verbrenner sind mit den neuen Aggregaten auf einem völlig anderen Niveau als beim Vorgänger. Allerdings ist der steuerliche Vorteil hierzulande angesichts der im europäischen Umfeld sehr zurückhaltenden CO2-Besteuerung dadurch nicht unbedingt üppig. Der geringere Verbrauch ist da schon eher ein Argument. Für eine profitable Gebrauchtwagenvermarktung sind die Voraussetzungen also gut, aber die Realität von Handel und Käufererwartungen muss dem erst noch Rechnung tragen. Der Vorgänger mit zuletzt überdurchschnittlichem Anteil an günstigen Handels- und Vermietzulassungen sollte dabei nicht als Orientierung dienen.

VW Caddy – Vielseitigkeitsprüfung

Der Caddy hat entwicklungstechnisch eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Gestartet im Gewand eines Golf I Pickup, über ein Rebranding von Seat Inca und Škoda Pick-up zeigt er seit 2003 sein zwischenzeitlich zweimal facegeliftetes heutiges Äußeres basierend auf dem damaligen Touran. Nun folgt die offiziell fünfte Generation, zeitgemäß auf MQB-Plattform und dezent weiterentwickelter Optik. Das Segment der sogenannten Hochdachkombis kommt in der Regel sowohl in PKW-artiger Manier daher, als auch als leichte Nutzfahrzeugvariante verglast der verblecht. So auch beim Caddy. Der robustere Ursprung ließ sich in der Vergangenheit vor allem Innen oft nur schlecht kaschieren, was übrigens auch für die Wettbewerber gilt. Aber der Vorteil war die durch lange Produktionszyklen und dem bereits erwähnten Rebranding hohe Profitabilität. Der Caddy musste sich da bislang immer alleine behaupten, ganz im Gegensatz zu der PSA-Toyota-Kooperation und der Renault-Mercedes Genspende. Das wird sich aber nun ändern. Durch die Nutzfahrzeugkooperation mit Ford wird der neue Caddy in den nächsten Jahren als Transit/Tourneo Connect wiedergeboren. Innen ist er aber ganz VW. Der Hannoveraner erbt eine ganze Reihe von vertrauten PKW-Teilen aus dem Konzernregal. Dennoch scheinen die Linien alle etwas grober gezeichnet und die Materialien gefühlt etwas abwaschbarer und kratzempfindlicher als im Golf oder Touran. Der klassischen Zielgruppe dürfte das entgegenkommen, geht es doch bei den eher praktisch orientierten Kunden um Nutzwert und Preis-Leistung. Momentan fehlen dabei noch die Langversionen und Benzinmotoren, die vor allem bei den PKW-Kunden zwischen 30 und 40% der Zulassungen ausmachen. Der Caddy ist aber eher ein Dauerläufer, als ein Sprinter und daher, nicht zuletzt wegen seines soliden Rufes, vor allem in späteren Jahren gut wiederzuvermarkten.

Škoda Enyaq & VW ID.4 – Ungleiche Brüder

Der VW-Konzern hat seine elektrischen Modelleinführungen sehr gezielt und mit Bedacht orchestriert. Starteten die Premiummarken Audi und Porsche in den entsprechenden klientelgerechten Segmenten, folgte die Volumenmarke VW mit einem „Golf“ namens ID.3. Jetzt darf Škoda mit einem rationalen, aber gutaussehenden SUV-Modell punkten. Um den aktuellen Drive in der europäischen E-Zulassungsentwicklung zu nutzen, nimmt der Enyaq seinen VW Bruder ID.4 mit leichter Verzögerung mit auf den Weg. Und der Vollständigkeit halber komplettiert den Elektro-Erstaufschlag der PKW-Konzernmarken Seat oder eigentlich Cupra mit einem emotionalen und dynamischen ID.3 Geschwister namens El-Born. Auf den beiden aktuellen Newcomern liegt dabei besonderes Augenmerk, da mengenmäßig bei beiden Marken diese Bauform längst dominiert. Mit dem Radstand eines Tiguan Allspace oder Kodiaq fallen die MEB-Karossen vor allem auf der Rückbank entsprechend üppig aus. Ungewöhnlich für Nicht-Allradler ist bei beiden allerdings der bauartbedingte Heckantrieb. Aus dem macht dann ein zusätzlicher E-Motor an der Vorderachse optional einen „Geländewagen“. Den Unterschied von Tscheche und Zwickauer macht aber nicht nur die Produktionsstätte aus, sondern vor allem Preis und Optik. Dies entspricht gewissermaßen der von Konzernchef Diess angemahnten stärkeren Markendifferenzierung. Enyaq ist das geringfügig konventionellere, aber besser grundausgestattete Modell, während der ID etwas mehr Innovation und Souveränität bei höherem Preis anbietet. Das gilt innen wie außen. Während Škoda sich drinnen am neuen Octavia orientiert, bleibt der ID.4 vom Layout her seinem kleinen Bruder 3 verbunden. Ein deutliches Plus für den üppigen Aufpreis stellt aber die Materialqualität dar, die viele beim ID-Erstling schmerzlich vermissten. Interessant wird es überdies wenn die RS bzw. GTX Versionen mit voraussichtlich über 300PS auf den Markt kommen. Dann erhält Teslas Model Y nicht mehr nur aus der Premium-Welt Gegenwind.

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