Dass der Preis eines Produktes die Kaufentscheidung unmittelbar beeinflusst, wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Neben der absoluten Höhe spielt in der Preiswahrnehmung jedoch noch ein zweiter Aspekt eine entscheidende Rolle: Die psychologische Wirkung. Nicht umsonst findet man, beispielsweise im Supermarkt, bei den allermeisten Produkten die „9er-Endungen“. Ob das Paket Butter nun 1,91€ oder 1,99€ kostet, der Kunde wird kaum einen Unterschied wahrnehmen. Die gleiche Preisdifferenz von 8 Cent liegt auch zwischen 1,99€ und 2,07€, in der Kundenwahrnehmung jedoch ist dieser Unterschied ungleich größer.
Der psychologisch günstige Bereich
Dieses Muster der Preissetzung findet sich jedoch nicht nur im Einzelhandel, auch Autohändler versuchen durch geschicktes Einpreisen Ihre Marge zu optimieren. Folglich befindet sich der Großteil aller Fahrzeugangebote im „psychologisch günstigen“ Bereich. Dies bedeutet Preise mit einer Endung zwischen 800 und 999 (Abbildung 1, rote Säulen, Zahl oberhalb der Säulen gibt das zugehörige Fahrzeugvolumen an). Als Indikator für den Erfolg bzw. Misserfolg dieser Preismaßnahmen können zum einen Standzeiten (möglichst niedrig), zum anderen die Abweichung der realisierten Preise zum für ein entsprechendes Fahrzeug üblichen Marktvergleichswert (möglichst deutlich darüber) dienen.
Bei der alleinigen Betrachtung der Standzeiten (Abbildung 1) zeigt sich, dass nah an der nächsten 1.000 €-Schwelle eingepreiste Fahrzeuge interessanterweise tendenziell länger stehen. Der Unterschied beträgt im Schnitt etwa zwei Tage. Dies ist das genaue Gegenteil dessen, was mancher erwartet hätte. Schließlich soll die psychologisch günstige Einpreisung die Attraktivität des Angebots erhöhen und folglich auch eine Verringerung der Standzeit bewirken. Womöglich ist dies bedingt durch die Suchmaschinenlogik der Gebrauchtwagenportale, die durch den oft gewählten Preisbereich „bis x-tausend“ die Preisschwellen-Angebote als „Teuerste“ in einer Preissortierung ausweist. Ein weiterer Grund könnte auch die größere Angebotsmenge sein
Wie verhält sich aber nun der realisierte Verkaufspreis zum Marktniveau?
Zu diesem Zweck wurde für jedes verkaufte Fahrzeug die Differenz zwischen dem zum Verkaufszeitpunkt beobachteten Angebotspreis und einem von Schwacke ermittelten Marktvergleichspreis (Spotprice1) berechnet.
Im zweiten Schritt wurden diese Abweichungen von Preisschwellen- und den darunter liegenden nicht-Preisschwellen-Angeboten verglichen (Abbildung 2). Konkretes Beispiel: Die Fahrzeuge im Bereich 10.800 -10.999 € erzielten relativ zum marktüblichen Preis durchschnittlich 1.3 Prozentpunkte bessere Erlöse als diejenigen im Preisbereich darunter 10.000 – 10.799 €. Gemessen am Marktniveau erzielen die psychologisch günstig eingepreisten Fahrzeuge im Schnitt demzufolge höhere Erträge.
Zusammenfassend bedeutet dies, die vermeintlichen Sonderangebote besitzen scheinbar genug Überzeugungskraft für einen ertragreicheren Preispunkt gegenüber dem Kunden, beschleunigen aber leider nicht den Abverkauf. Je nach individuellen Standtagskosten durchaus eine Rechnung, die auch mal nicht aufgehen kann. Beides zusammen erreicht man dann eben nur mit einem entsprechend bedarfsoptimiert ausgestatteten Fahrzeug und einer klugen Pricing-Strategie.
1 Der Schwacke Spotprice schließt zum einen lange unbearbeitete Angebotspreise und Ausreißer aus der Vergleichsrechnung aus, berücksichtigt aber zusätzlich die Preise kürzlich verkaufter Fahrzeuge. Er liegt damit tendenziell immer unterhalb des Preisniveaus aktueller Angebote. Das tatsächliche Marktpreisniveau bildet der Spotprice aber damit deutlich besser ab, als die ja teils überzeichneten aktuellen Angebotspreise. Damit zeigt die berechnete Spotprice-Differenz wie gut oder schlecht der erzielte Preis im Verhältnis zur Marktsituation war.