Restwertdruck, aufstrebende chinesische Marken, steigende Profitabilität und die wachsende Bedeutung von Verkäufen batterieelektrischer Fahrzeuge (BEVs) – Autovista24-Journalist Tom Hooker analysiert, wie und warum sich der Gebrauchtwagenhandel verändert.
Branchenverbände, Automobil-Expertinnen und Vertreterinnen von Herstellern trafen sich in Frankfurt zum Used Vehicle Retail Summit. Die Veranstaltung beleuchtete verschiedene Themen rund um den Gebrauchtwagenmarkt – darunter aktuelle Restwerttrends, den Aufbau von Verbrauchervertrauen und den Verkauf von BEVs.

Entwicklung der Restwerte in Europa
Christian Schneider, Content Director bei EV Volumes, erläuterte, wie sich die Restwerte in Europa in den letzten Jahren verändert haben.
„Während der Pandemie waren – wegen der vielen Lieferengpässe – viele froh darüber, dass die Restwerte durch die Decke gingen“, erklärte er.
„Aber in den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, dass die Restwerte in fast allen europäischen Ländern und über alle Antriebsarten hinweg sinken. Sie nähern sich langsam wieder dem Niveau vor der Pandemie an – aber in vielen Teilen Europas liegen die Restwerte noch immer über dem Vorkrisenniveau.“
„Wir sehen aktuell, dass sich Angebot und Nachfrage etwas mehr ausbalancieren. Gleichzeitig gibt es aber auch großen wirtschaftlichen Druck, und viele Volkswirtschaften kämpfen mit Schwierigkeiten. Das wirkt sich natürlich auf die Restwerte aus. Für 2025 und 2026 erwarten wir keine Entspannung beim Restwertdruck“, erklärte Schneider.
Steigende Preise
Er wies außerdem auf mögliche Auswirkungen der US-Zölle auf den europäischen Gebrauchtwagenmarkt hin:
„Wenn die 25 % Automobilzölle nach Juli in Kraft bleiben, erwarten wir, dass die Preise für europäische Fahrzeuge in den USA steigen werden. Das wird auch bedeuten, dass das Exportvolumen europäischer Autos in die USA zurückgehen wird.“

„Aber die OEMs produzieren Fahrzeuge – und die müssen irgendwo verkauft werden. Das bedeutet, dass wir in Europa in den nächsten Monaten, vielleicht sogar Jahren, ein steigendes Volumen unserer europäischen Marken sehen werden. Für Elektrofahrzeuge (EVs) ist das jedoch weniger relevant, da die Elektrifizierung in den USA nicht weit fortgeschritten ist.“
Er betonte, dass die größeren Auswirkungen vor allem Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (ICE) betreffen werden. Bleiben die höheren US-Zölle auch nach Juli bestehen, bringt das zusätzliche Risiken für die Restwerte mit sich.
EV Volumes beobachtet zudem eine steigende Zahl an Verkäufen gebrauchter batterieelektrischer Fahrzeuge (BEVs). Allerdings sinken deren Restwerte sogar stärker als im Gesamtmarkt.
Der Grund: Es kommen deutlich mehr BEVs auf den Gebrauchtwagenmarkt als früher. Dieses Volumen stammt jedoch größtenteils nicht von Privatkunden, sondern wird über Flottenkanäle in den Markt gedrückt.
Zudem gelten viele der Förderungen in europäischen Ländern nur beim Kauf von Neuwagen. Diese Faktoren führen zu einem künstlichen Überangebot auf den Gebrauchtwagenmärkten.
Wachsender Einfluss Chinas
Das Volumen chinesischer BEVs dürfte in den kommenden Jahren in Europa weiter wachsen. Im Jahr 2024 hielten chinesische Hersteller bereits einen Marktanteil von 7 % am europäischen Neuwagenmarkt. EV Volumes erwartet für dieses Jahr einen Anstieg auf 10 %.
Trotzdem liegen die Restwerte dieser Modelle weiterhin hinter denen von BEVs aus anderen Regionen zurück. „In Deutschland liegen chinesische Marken neun Prozentpunkte unter dem Niveau etablierter asiatischer, europäischer oder US-amerikanischer Hersteller“, betonte Schneider.

„Aber wir haben im Laufe der Zeit gesehen, dass dieser Unterschied kleiner wird. Vor etwa einem Jahr lag die Differenz zwischen den Marken noch bei rund 14 oder 15 Prozentpunkten. Die Lücke schließt sich also – aber man sieht deutlich, dass es vor allem bei Gebrauchtwagenkäufern viel Zeit braucht, bis sich der Markenruf wirklich etabliert hat.“
In Spanien ist diese Lücke kleiner, da die dortigen heimischen Marken nicht so stark sind wie in Deutschland.
Gebrauchtwagenhandel
Da die Restwerte von BEVs insgesamt im Vergleich zu anderen Antriebsarten schwächeln und immer mehr vollelektrische Modelle auf den Gebrauchtwagenmarkt kommen, stellt sich die Frage: Wie können Autohäuser überleben?
Wie Friedrich Trosse, Generalsekretär der AECDR, erklärte, braucht es eine wirkungsvollere Händler- und Kommunikationsstrategie, um Gebrauchtwagenkäufer weiterhin zu erreichen.
„Der Gebrauchtwagenmarkt wird zum Niedrigpreissegment für BEVs werden, denn wir werden nie wieder so etwas wie den VW Käfer haben – erschwinglich und mit moderner Technologie“, so Trosse.
Für Händler wird es zudem immer wichtiger, ihre Strategie für den Gebrauchtwagenmarkt insgesamt zu planen – insbesondere im Vergleich zum Neuwagengeschäft.

„Ich denke, dass Gebrauchtwagen für Händler und Retailer eine großartige Chance sind. In einigen reifen Märkten ist das Gebrauchtwagengeschäft doppelt so groß wie das Neuwagengeschäft“, erklärte Luis-Maria Perez-Serano, Vorstandsvorsitzender von CARA.
„Man kann höhere Einnahmen und bessere Margen erzielen. Viele Händler verdienen mittlerweile mehr mit Gebrauchtwagen als mit Neuwagen. Was vielleicht sogar noch wichtiger ist: Gebrauchtwagen sind entscheidend für die Kundenbindung. Sie spielen eine zentrale Rolle als Einstiegspunkt für Käufer“, so Perez-Serano weiter.
Er fügte jedoch hinzu, dass der Gebrauchtwagenmarkt ein komplexes Geschäft sei. Eine gute digitale Benutzeroberfläche sei für Händler unerlässlich, und er ist der Meinung, dass noch mehr getan werden kann, um die digitale Customer Journey zu verbessern – etwa durch die Online-Anzeige von EV-Batteriezustandsberichten.
Perez-Serano sprach außerdem über den grenzüberschreitenden Handel in Europa. Auch wenn die EU als einheitlicher Wirtschaftsraum gilt, sei dies im Gebrauchtwagenmarkt noch nicht vollständig angekommen. Eine bessere Abwicklung grenzüberschreitender Verkäufe könnte jedoch neue Möglichkeiten für Händler schaffen, indem sie Fahrzeuge in andere Länder mit höherem Umsatzpotenzial verlagern.
Darüber hinaus betonte er, dass es noch großen Schulungs- und Ausbildungsbedarf für Mitarbeitende im Bereich Gebrauchtwagenverkauf und Remarketing gebe.
Verpasste Chancen im Handel
„Ich sehe in jedem Land noch viele verpasste Chancen. Ich weiß, dass sich die meisten Märkte mittlerweile in ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Neu- und Gebrauchtwagen entwickelt haben – aber die Profitabilität liegt schon länger nicht mehr im Neuwagengeschäft“, erklärte Rodrigo Ferreira da Silva, Vizepräsident und Vorsitzender von CECRA.
Er hob außerdem hervor, wie wichtig es sei, dass Kunden Zugang zu präzisen Fahrzeugdaten haben. Er sprach sich für die Einführung eines „Car Pass“ auf europäischer Ebene aus.
Dabei handelt es sich um einen Fahrzeugdiagnosebericht, der beim Verkauf ein Zertifikat für den Kilometerstand des Fahrzeugs bereitstellt. Dieses System soll Tachomanipulation im Gebrauchtwagensektor bekämpfen. Derzeit ist dieser Service jedoch nur in Belgien und den Niederlanden verfügbar.
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