Im Februar ist mit dem Segen der EU Kommission nun endlich das erneuerte Förderprogramm der sogenannten „Umweltprämie“ in Kraft getreten. Einen neuen Aspekt steuert dabei die Förderung von jungen gebrauchten Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden bei. Allerdings wirft dies auch verstärkt die Frage der Restwertrelevanz und die Wirkung auf Angebot und Nachfrage auf.
Darf’s ein bisschen mehr sein? – Neue Förderhöhen, Listenpreisgrenzen und jetzt auch für Gebrauchte
Wie im November 2019 angekündigt, wurde der Bonus für batterieelektrische Neufahrzeuge (BEVs) mit einem Netto-Listenpreis des Grundmodells von bis zu 40.000€ um 50% von 4.000€ auf 6.000€ angehoben. Für Fahrzeuge mit einem entsprechenden Listenpreis von 40.000€ bis 65.000€ gelten nun 5.000€ Bonus statt bisher 4.000€. Brennstoffzellenfahrzeuge werden im Sinne der Richtlinie wie BEVs behandelt. Plug-In Hybride (PHEVs) werden ebenfalls höher als bisher bezuschusst. Hier wurde der Umweltbonus für die „günstigeren“ Modelle um 50% von 3.000€ auf 4.500€ und für Modelle mit einem Basis-Listenpreis von bis zu 65.000€ auf 3.750€ erhöht, was etwas abweicht von der ursprünglich kommunizierten Summe von 4.000€. Weiterhin gilt, dass die Hälfte dieser Prämie vom Hersteller und die andere Hälfte aus dem Staatssäckel kommt. Ebenfalls fester Bestandteil des Regulariums bleibt, dass Modelle, die für einen Bonus in Frage kommen, auf einer Liste des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit dem jeweiligen Basis-Listenpreis aufgeführt sein müssen. Optionale Sonderausstattungen führen aber nicht zum Ausschluss, solange das Grundmodell gelistet ist.
Ralf Sulzbach, Senior Project Manager Consulting bei der Autovista Group weist darauf hin, dass „die Obergrenze des maximalen Nettolistenpreises von 60.000€ auf 65.000€ angehoben wurde. Hierdurch werden womöglich mehr Modelle z.B. verhältnismäßig teure Elektro-SUVs zukünftig eher förderfähig.“
Beispielsweise liegen die Grundmodelle des Audi e-tron 55 und des Jaguar I-Pace mit ihrem Listenpreis nur relativ knapp über dieser Schwelle. „Es ist naheliegend, dass diese Erhöhung nicht zufällig erfolgte und dass insbesondere diese beiden Hersteller ihr Pricing womöglich überdenken, um mit einer formalen Preissenkung vom Bonus zu profitieren. Gegebenenfalls wird dies dann im Hintergrund mit einer Reduzierung von Kunden-Nachlässen oder Serienausstattung einhergehen“, meint Andreas Geilenbrügge, Head of Valuations & Insights bei Schwacke.
Der Blick zurück in Freude – Rückwirkende Gültigkeit
Die neuen Förderbeträge sind rückwirkend beantragbar für gelistete Fahrzeuge, die nach dem 4. November 2019 zugelassen wurden. Aber der Antrag muss spätestens 12 Monate nach Zulassung erfolgen. Der Förderzeitraum endet am 31. Dezember 2025 oder wenn das bereitgestellte Budget aufgebraucht ist. Die Bundesregierung hat zu diesem Zweck 2,09 Mrd. Euro bereitgestellt.
Für Fahrzeuge, die bis zum 4. November 2019 zugelassen wurden, sowie diejenigen nach diesem Datum, welche den Herstellerbonus nach alter Richtlinie vom 28. Mai 2019 bereits „erhalten“ haben, gelten noch die dort niedergelegten Rahmenbedingungen und Prämienbeträge.
Sie waren jung und brauchten das Geld – Umweltprämie für junge Gebrauchte
Ein Novum stellt die Förderung gebrauchter BEVs und PHEVs dar. Diese dürfen maximal 12 Monate alt sein und eine Laufleistung von nicht mehr als 15.000km aufweisen, was durch einen Sachverständigen formal bestätigt werden muss. Um eine Doppelförderung zu verhindern, muss sichergestellt sein, dass weder in Deutschland, noch im Ausland eine entsprechende bzw. vergleichbare Bonifizierung erfolgt ist.
Die Modellliste der BAFA hält für solche Gebrauchtfahrzeuge auch einen abstrakten abgewerteten Netto-Listenpreis bereit, der 80% des Neuwagenbetrags entspricht. Dieser dient lediglich der Identifikation der Förderhöhe und muss sich entsprechend auf dem Kaufvertrag wiederfinden. Damit ergeben sich hypothetische Grenzwerte für Gebrauchtwagenlistenpreise von 32.000€ und 52.000€. Da diese allerdings nur das Grundmodell ohne optionale Sonderausstattung betreffen, ist bei den meisten Fahrzeugen einiges an Kreativität, administrativem Aufwand und Rechenkünsten bei den GW-Verkäufern gefragt.
Oder sie beantragen gleich selbst den Bonus als Neuwagen und bauen das Ergebnis in den Gebrauchtwagenangebotspreis ein. Autohäuser sind als Antragsteller nicht ausgeschlossen, Hersteller schon.
Die Prämien für gebrauchte Elektrofahrzeuge entsprechen dabei denen ihrer Neuwagen-Pendants, in der jeweiligen Preiskategorie, also 6.000€/5.000€ für BEVs und 4.500€/3.750€ für PHEVs.
Die Tabelle unten zeigt zusammengefasst die unterschiedlichen Möglichkeiten und Bedingungen.
Für und Wider – Potenzielle Auswirkungen des neuen Förderprogramms
Die Vorteile für Hersteller bleiben mit dem erneuerten Förderprogramm erhalten. Einen Teil ihrer üblichen Rabatte können sie positiv etikettiert als Umweltprämien deklarieren und den Anteil aus der öffentlichen Hand zur Verkaufsförderung nutzen. Weiterhin können die für die CO2-Zielerreichung so wichtigen Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride über Handelsbetriebe zulassen und zusätzlich zu der bisherigen Praxis nun sogar entscheiden, ob sie die Antragstellung nicht gleich dem Gebrauchtwagenkäufer überlassen.
Für Gebrauchtwagenkäufer wird die Situation etwas unübersichtlich, aber dennoch potenziell vorteilhaft. Entweder der Verkäufer hat bereits den Bonus erhalten, dann sollte er dies in seiner Preisbildung berücksichtigen und der Käufer darauf achten. Im Falle, dass der Käufer hingegen die Beantragung übernehmen soll, müssen neben der Einhaltung der Förderbedingungen auf der Rechnung auch der BAFA-Gebrauchtwagenlistenpreis abzüglich des Herstelleranteils ausgewiesen werden. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass dies den Angebotspreis tendenziell nach oben verschiebt. Auch das gilt es beim Kauf zu berücksichtigen. In den Gebrauchtwagen-Portalen ist dies vermutlich schwer zu differenzieren. „Restwerte gebrauchter Elektrofahrzeuge sind in der näheren Vergangenheit leicht angezogen als Bedarf und Angebotsmenge sich zu einem Verkäufermarkt hin veränderten. Teilweise verstärkt durch Käufer, die bis zu 12 Monate auf Neufahrzeuge warten mussten und sich stattdessen für einen jungen Gebrauchten entschieden“ erläutert Ralf Sulzbach.
Andreas Geilenbrügge ergänzt: „Die Preise sind aktuell allerdings wieder rückläufig nach einem Peak Mitte/Ende letzten Jahres. Speziell bei sehr jungen Gebrauchten BEVs und PHEVs bis zu einem Alter von 2 Jahren wirkte sich der stetig wachsende Nachschub in Form von längeren Standzeiten und einem Auseinanderdriften von Angebots- und Verkaufspreisen aus. Die Situation von Dreijährigen ist da deutlich stabiler. Deren Standtage sind leicht rückläufig und Angebots- sowie Verkaufspreise liegen – trotz ebenfalls wachsender Mengen – näher beieinander, was für eine ausgeglichenere Marktsituation spricht. Die Preistendenz ist allerdings auch hier leicht negativ. Den batterieelektrischen Modellen geht es dabei noch ein bisschen besser als den Plug-Ins.“
Dank(E) der Nachfrage – Bedarf fördern, heißt Preise stabilisieren
Das Förderprogramm wird somit wohl tendenziell die Angebotspreise von sehr jungen Gebrauchten BEVs und PHEVs drücken und kaskadierend die älteren Gebrauchten auch belasten. Zunehmende Mengen an taktischen Zulassungen werden ihr Übriges tun und das Angebot erweitern. Es entsteht zunehmend auch Wettbewerb innerhalb eines Segmentes bzw. zwischen verschiedenen Marken. Bleibt zu hoffen, dass die Nachfrage entsprechend mitwächst. Außerdem steigt die Gefahr, dass zukünftig aufgrund von Quoten oder anderen Förderprogrammen im EU Ausland erstzugelassene Fahrzeuge, die dort gebraucht nicht absorbiert werden, bei hiesigem Bedarf und Preisniveau importiert werden und den Markt verzerren.
Wir werden auch diese Marktbeeinflussung aufmerksam beobachten und die Auswirkungen in unseren Betrachtungen berücksichtigen. Christof Engelskirchen, Chief Economist der Autovista Group erläutert, „wir haben jahrelang gepredigt, dass zur Marktstimulation insgesamt auch die Gebrauchtwagenkunden bei der Förderung einbezogen werden sollten. Was wir damit allerdings eher im Sinn hatten, sind Maßnahmen, wie die Subventionierung von Ladestrom sowie privater und öffentlicher Ladeinfrastruktur, etc. die eher die Nachfrage fördert, als das Angebot zu stärken.“